Nordische Wesen
Unter den Fabelwesen gibt es unterschiedliche Charaktere. Manche von ihnen wollen mit uns Menschen nichts zu tun haben oder sind sogar sehr gefährlich, andere wiederum recht nützlich, zumindest dann, wenn man sich mit ihnen gut stellt.
Um einen gewissen Überblick zu behalten, unterscheiden die meisten Quellen
- Oknytt – Wesen mit mehr oder weniger menschlichem Aussehen (z.B. Tomte, Skogsrå, Sjörå, Källrå, Troll, Vätte, Vitter, Riese, Elfe/Elf)
- Untote – noch nach ihrem Ableben herumgeisternde Wesen (z.B. Spöke, Gengångare, Gast, Myling, Nattramn)
Hinweis: Es ist nicht immer sinnvoll, die ursprüngliche Bezeichnung ins Deutsche zu übersetzen, weil damit sehr oft der ursprüngliche Charakter eines Wesens verloren geht. Ein Tomte ist kein Heinzelmännchen, kein Kobold und auch kein Wichtel, auch wenn der Begriff Tomte gern auf diese Weise übersetzt wird. Und der schwedische Näck ist kein Neck (laut Lexikon ein germanischer Wassergeist), auch wenn die beiden gewisse Ähnlichkeiten aufweisen. Bei diesen Wesen behalte ich den ursprünglichen Namen bei und verzichte auf eine sinnentstellende Übersetzung. Einige nordische Fabelwesen spielen in unserer einheimischen Mythologie keine Rolle (z. B. Draug, Gloson oder Nattramn), weswegen es keine zutreffende Übersetzung gibt. Bei den Wesen, denen hierzulande die gleichen Eigenschaften zugesprochen werden wie in der nordischen Mythologie (z. B. Riese, Drache oder Elfe), verwende ich die deutsche Bezeichnung.
Die Vorstellung von Aussehen und Charakter der Fabelwesen variiert je nach Region, manchmal sogar der Name, weswegen dasselbe Wesen oft mehrere Bezeichnungen hat. Das habe ich in meiner Geschichte vereinfacht, um unnötige Verwirrungen zu vermeiden – auch wenn renommierte Volkskundler das möglicherweise bemängeln werden. Wer sich für die nordische Mythologie begeistert und alles genau wissen möchte, findet in Büchern und im Internet zahlreiche Quellen …
Tomte
Der Tomte (Plural: Tomtar) vermag dem Menschen nützliche Dienste zu erweisen. Er beschützt Haus und Hof, aber nur, wenn man sich mit ihm gut stellt. Und das ist gar nicht einfach, denn für gewöhnlich ist er ein zorniger, mürrischer, griesgrämiger Kerl, der gern grantelt, leicht zu verärgern und nur schwer zufriedenzustellen ist. Er wird er auch als Hof-Tomte (Gårdstomte, Gårdsrå) bezeichnet oder auch Tomtegubbe (Gubbe bedeutet laut Wörterbuch „alter Mann“, gemeint ist aber eher ein freundlich-humorvolles „Alterchen“).
Ein Tomte ist knapp achtzig Zentimeter groß, hat struwweliges Haar und einen zotteligen Bart. Gekleidet ist er in düsteren Farben wie grau oder braun, und sein Erscheinungsbild wirkt häufig etwas verwahrlost. Als Eigenbrödler hält er sich für gewöhnlich aus allem heraus und von allen fern und wohnt irgendwo auf dem Anwesen, am liebsten bei den Tieren im Stall. Zwar kümmert er sich, oft über Generationen hinweg, um Haus und Hof, fühlt sich aber mehr dem Anwesen verbunden als dessen Bewohnern. Im Normalfall ist er unsichtbar – nur wenn er es will, kann man ihn sehen. Besonders wichtig ist es, an Weihnachten an ihn zu denken und ihm einen Milchreis bereitzustellen, und zwar in einer Holzschale und mit einem Holzlöffel – so mag er es am liebsten.
Es gibt ihn als Kvarngubbe oder Kvarnrå auch in einer Mühle und als Skeppsrå auf Schiffen. Er kann er ungeheuerliche Kräfte entwickeln und zudem blitzschnell wachsen. So vermag er sich durchzusetzen und faule Knechte beziehungsweise Seeleute zu guter Arbeit anzutreiben …
Skogsrå, Sjörå, Källrå
Ebenfalls zu den Wesen, die über einen bestimmten Bereich wachen, gehören diese drei Damen: Skogsrå, Sjörå und Källrå, die Beschützerinnen eines Walds (Skog), eines Sees (Sjö) oder einer Quelle (Källa). Wer die drei schon mal kennengelernt hat, weiß: Sie sind sehr attraktiv und ausgesprochen verführerisch. Aber es ist gefährlich, sich mit ihnen einzulassen, denn ihre Bestimmung ist es nicht nur, für ihren jeweiligen Bereich zu sorgen, sondern auch, Männer ins Verderben zu locken. Sie können sich in Pflanzen oder Lebewesen verwandeln, aber ihre magische Energie reicht nicht aus, sich vollständig in menschliche Frauen zu verwandeln – als solche sind sie unvollendet.
Skogsrå
Die Skogsrå (Waldfee) herrscht uneingeschränkt über den Wald und die Tiere in ihrem Bereich. Sie kann die Gestalt eines Baums, eines moosüberwucherten Baumstumpfs oder eines Waldtiers annehmen. Als menschliche Frau ist sie von vorn wunderschön, aber ihr Rücken ist unvollendet und hat ein Loch (manchmal mit Baumrinde bedeckt), oder sie hat einen Schwanz, meistens einen Kuh- oder Pferdeschwanz, mitunter auch einen Fuchsschwanz.
Sie ist sehr mächtig und kann einem Jäger zu großem Jagdglück verhelfen, oder aber ihn ruinieren, indem sie seine Waffe verdammt. Gewisse Tiere wie Auerhahn oder Hirsch betrachtet sie allerdings als ihr Eigentum, die stehen unter ihrem Schutz und dürfen nicht gejagt werden. Wer es dennoch tut, spürt ihren Zorn. Im Grunde aber ist sie freundlich und gutmütig, und nicht selten hilft sie sogar den Hirtenjungen und -mädchen beim Hüten der Tiere.
Ein Mann, der sich mit ihr einlässt, verfällt ihr und wird ihr hörig, dessen Seele wird von ihr vereinnahmt. Durch christliche Symbole oder Gebete kann man sich ihrer erwehren, aber einmal in ihren Bann geraten ist es gefährlich, sich wieder von ihr zu trennen, denn durch magische Kräfte kann sie Wahnsinn, Krankheit und Tod bringen. Wer hingegen bei ihr bleibt, hat bei ihr und mit ihr ein gutes Leben, und die gemeinsamen Kinder werden besonders groß und stark …
Sjörå
Die Sjörå (Seefee) ist Herrscherin über einen See. Gern nimmt sie die Gestalt einer Wasserpflanze oder eines Fisches an, am liebsten eines Hechts, nicht selten aber auch die einer menschlichen Frau. Als solche hat sie entgegen einem verbreiteten Irrglauben keine Schwanzflosse, sondern bewegt sich ganz normal auf zwei Beinen. Allerdings ist auch ihr Rücken unvollendet, oder sie hat einen Schwanz. Gern sitzt sie auf einem Felsen im Wasser und kämmt ihr langes, lockiges Haar.
Sie kümmert sich um die Tiere in ihrem Gewässer und um die Fischer. Auch sie ist eine Verführerin, die einem Fischer gegen eine Münze, etwas zu essen oder eine Prise Snus (Schnupftabak) einen guten Fang gewährt und ihn vor Unwettern warnt – anders als der Näck (siehe dort), der die Menschen böswillig ins Verderben lockt und ertrinken lässt. Deswegen mögen die beiden einander nicht und bewohnen nie den gleichen See. Um nicht in ihren Bann gezogen zu werden, hilft es, ihr einen Metallgegenstand vor die Füße zu werfen – und schon ist sie verschwunden.
Nicht selten hält sich die Seefee eigene Tiere, die als bunte Kühe gern am Ufer grasen. Zurück im See, verwandeln die sich in Barsche oder Hechte. Wer einen solchen Fisch angelt muss sich vorsehen, nicht dass es ausgerechnet die Leitkuh der Seefee ist – zu erkennen an der Glocke um den Hals. Diesen Fisch sollte man ins Wasser zurückwerfen, sonst wird sie sehr zornig …
Källrå
Die Källrå (Quellfee) lebt an der Quelle von Bächen und Flüssen, wacht über ihre Quelle und offeriert die heilende Kraft des Wassers. Sie ist eine schöne junge Frau mit langem Haar und froschähnlichen Flossen als Hände und Füße. Normalerweise ist sie unsichtbar, zeigt sich aber häufig als Frosch oder Kröte.
Der Spiegel der Wasseroberfläche gilt als Fenster in eine andere Welt. Unter gewissen Umständen, so sagt man, könne die Quellfee darin die Zukunft erkennen, besonders in den Mittsommernächten. Als Mensch darf man allerdings nicht zu lange in die Quelle hineinschauen, denn dann kann es passieren, dass sich die Quellfee gestört fühlt und das Spiegelbild wegnimmt – und damit die Seele des Betrachters.
Dennoch ist sie Menschen gegenüber freundlich gestimmt, sofern die sich achtsam verhalten. Man sollte sie aber immer begrüßen und sie um Erlaubnis bitten, bevor man sich aus ihrer Quelle Wasser nimmt …
Havsfru
Die Havsfru (auch Havsrå – Meeresfrau) herrscht über das Meer, den Wind und die Tiere des Meeres. Sie wird auch als Seejungfrau bezeichnet und verwandelt sich gern in eine Robbe, eine Möwe oder ein anderes Meerestier. Als menschliche Frau ist auch sie unvollendet: Wie Wald- und Wasserfee hat ihr Rücken ein Loch, und sie ist oben Mensch, unten Fisch – hat also anstelle der Beine eine Schwanzflosse.
Zusammen mit ihren Kindern wohnt sie in einem Unterwasserschloss auf dem Meeresboden. Das können Seefahrer in der Tiefe mitunter sehen, sie sollten aber nicht zu intensiv nach der Meeresfrau Ausschau halten, denn dann werden sie vereinnahmt und müssen auf Dauer bei ihr bleiben.
Auch sie ist sehr mächtig. Seefahrer sollten ihr Opfer bringen, zum Beispiel Münzen oder etwas Essbares. Im Gegenzug warnt sie vor Stürmen, bringt gute Winde und den Fischern reichhaltigen Fang.
Sie ist sehr schön und anmutig, sitzt gern auf einem Felsen im Wasser und kämmt ihr langes, oft grünes Haar. Für die Seeleute kann das aber Gefahr bedeuten, und besonders dann, wenn sie ihren unvollendeten Rücken zeigt, gibt es Unwetter…
Gruvrå
Die Gruvrå (Grubenfrau), auch Bergrå oder Bergfru genannt, herrscht über einen Berg und die Erzfunde in den darin befindlichen Gruben. Sie wird von den Grubenarbeitern verehrt, denn sie warnt vor Bergbruch und anderen Unglücken bei der gefährlichen Arbeit unter Tage. Auch hilft sie neue Erzadern zu finden, besonders nach einem angemessenen Opfer. Sie ist allerdings auch gefürchtet, denn manche Schätze des Bergs betrachtet sie als ihr Eigentum und holt sie sich wieder zurück.
Denjenigen, der sich an ihren Schätzen vergreifen, verjagt sie, indem sie die Gestalt eines furchteinflößenden Wesens einnimmt, zum Beispiel die einer Fledermaus. Als menschliche Frau jedoch ist sie sehr hübsch, aber auch sehr blass. Gern zeigt sie sich als elegante Dame in einem grauen Kleid. Trägt sie schwarz, bedeutet das den Tod. Dann verlassen die Arbeiter die Grube vor Ende der Schicht, denn einer von ihnen wird innerhalb kurzer Zeit verunglücken…
Elfe/Elf
Die Elfen haben ein menschenähnliches Aussehen, sind aber nur etwa acht bis zehn Zentimeter groß. Mit ihrem dicken Kopf und einem Bauchansatz wirken die Männer ein wenig plump, die Frauen hingegen sind wunderschön und von zierlicher Gestalt. Ihre Kleidung besteht aus Pflanzenanteilen, in der kalten Winterzeit nutzen sie aber auch das Fell toter Tiere. Besonders die Frauen haben langes, volles Haar und sind wie menschliche Frauen blond, brunette, rot- oder schwarzhaarig. Anders als die Männer haben sie zarte, schmetterlingsartige Flügel, die, wenn sie nicht gebraucht werden, ihrem Rücken ganz eng anliegen.
Besonders die Mädchen können ganz schön boshaft sein, schleichen sich nachts in die Häuser der Menschen und beißen den Kindern in die Zehen. Oder sie verwandelten sich in Stechmücken und piesackten die Menschen auf diese Weise.
Elfen sind von Natur aus Vegetarier, ernähren sich ausschließlich von dem, was ihnen ihr Lebensraum zur Verfügung stellt und leben in großen Familien dicht unter der Erde. Zwar gelten sie als klug und friedfertig, revanchieren sich aber, wenn man sie ärgert.
Die Elfen lieben es, zu tanzen und hinterlassen dabei auf dem Boden manchmal ringförmige Veränderungen, die oft fälschlicherweise als „Hexenring“ bezeichnet werden. Es tanzen allerdings nur die Frauen, die Männer machen dazu die Musik. Wer den Elfentanz stört, riskiert Krankheiten wie Verwirrtheit oder Ohrengeräusche …
Troll
Trolle sind unförmige Wesen mit einer Knollennase, spitzen Ohren, einem dichten Haarkleid und einem langen Schwanz. Sie sind in etwa so groß wie Menschen, haben aber die Angewohnheit, sich bei jeder Gelegenheit hinzuhocken, sodass sie kleiner wirken als sie sind. Sie leben im Wald, in den Bergen oder in großen Steinblöcken, haben ihre eigene Wohnung und leben und arbeiten wie die Menschen. Sie sind verheiratet, haben Kinder und führen ein ausgelassenes Familienleben.
Sie sind listige, trickreiche Wesen, die sich bei Bedarf blitzschnell und in nahezu jeder Art und Weise verwandeln können, in Tiere, aber auch in einen Baumstamm, einen Zaunpfahl oder ein Wollknäuel. Auch in Menschen können sie sich verwandeln und sind dann kaum als Troll zu erkennen. Es hilft allerdings, sie genau zu beobachten und ihnen gut zuzuhören, denn sie sind nicht unbedingt die Schlauesten, erzählen häufig Unsinn oder verwechseln Begriffe.
Es heißt, sie entführen Mensch und Tier. Diejenigen, die freikommen, berichten über ein luxuriöses Leben bei den Trollen, allerdings waren sie zur Zwangsarbeit verpflichtet. Um ihren eigenen Kindern eine Ausbildung bei den Menschen zu ermöglichen und durch die klügeren Menschenkinder die Intelligenz der eigenen Sippschaft aufzubessern, stehlen Trolle häufig auch die Kinder der Menschen und lassen statt derer ihre eigenen zurück. Die Trollkinder fallen dadurch auf, dass sie faul und gefräßig sind und nicht lernen, zu denken und zu sprechen…
Vätte
Ein Vätte (Plural: Vättar) ist ein kleines, grau gekleidetes Wesen, das in der Nähe von Menschen wohnt, meist unter den Hofgebäuden, oft aber auch in Steinen, Bäumen oder Grabhügeln. Vättar verwandeln sich gern in Würmer oder Insekten, aber auch in Mäuse, Ratten, Kröten oder Igel. Wie die Trolle leben sie in Familienverbänden, interessieren sich aber weit weniger für die Angelegenheiten der Menschen und sind auch nicht so begabt im Stehlen und Schadenanrichten.
Sie zeigen sich den Menschen so gut wie nie, aber dadurch, dass sie meist unter Haus und Hof leben, kommt es gelegentlich zu Konflikten, zum Beispiel dann, wenn der Urin der Tiere von oben her in ihre Wohnung unter dem Stall sickert, oder wenn man heißes Wasser auskippt. Dann muss man sie warnen: „Passt auf da unten!“
Trotz allem versuchen sie in aller Regel, die Probleme gütlich zu lösen, und geht man auf ihre Forderungen ein, belohnen sie sogar dafür, zum Beispiel mit buntem Laub oder anderen unscheinbaren Geschenken, die sich aber bald als Gold oder Edelsteine herausstellen. Fühlen sie sich jedoch geärgert, rächen sie sich durch Krankheit und Unglück. In weniger schlimmen Fällen beißen sie den Bewohnern nachts im Schlaf in die Nase oder stellen ihnen ein Beinchen, in schlimmen Fällen legen sie sogar Feuer und brennen den Hof nieder …
Vitter
Ein Vitter (Plural Vittra – Anmerkung: So war das in früheren Zeiten; heutzutage wird Vittra im Singular verwendet, der Plural lautet dann Vittror; aus Gründen der Tradition bleibe ich hier und in meiner Geschichte bei der ehemaligen Variante) lebt im Boden, in Steinen oder in Bäumen und kann menschliche Größe erreichen. Vittra sind üblicherweise recht farbenfroh gekleidet und haben wie die Menschen rotes, blondes, brünettes oder schwarzes Haar. Besonders die Frauen geben sich zumeist sehr elegant und verführerisch.
In ihrem Verhalten zeigen die Vittra Ähnlichkeit mit den Trollen: Sie haben Familie, betreiben eigene Höfe, und halten Tiere. Vittra-Kühe und -Ziegen tragen mystisch klingende Glöckchen aus Silber und geben besonders viel Milch.
Sie sind grundsätzlich gutmütig, mögen aber nicht gestört werden und sind sehr eigensinnig. Gewisse Wege betrachten sie als ihr Eigentum (sogenannte „Vittervägar“ oder auch „Vitterstråk“). Wer auf diesen sein Haus baut, muss die Türen offen lassen, denn die Vittra verlassen niemals ihre Wege. Manche von ihnen herrschen über Gewässer, besonders über Seen (die sog. „Vittertjärnar“). Opfert man Münzen, ist der Fischfang besonders gut.
Auch sie können sich verwandeln und erscheinen gern als Wurm oder Larve. Wer mit diesen Wesen unvorsichtig umgeht, sie schädigt und zum Beispiel auf sie tritt, muss mit ihrer Rache rechnen …
Lyktgubbe
Der Lyktgubbe (lykt bedeutet Laterne), auch Irrbloss, Skälvrängare oder Bysen genannt (zu Deutsch: Irrlicht), ist ein kleines Männlein in zumeist grauer oder grüner Kleidung. Er lebt auf Feldern und Wiesen (auf Gotland bevorzugt im Wald) und wird nie ohne seine Laterne gesehen. Deren Lichtschein huscht wie ein Glühwürmchen hin und her, ändert auch mal seine Farbe und ist plötzlich wieder verschwunden.
Der Sage nach handelt es sich beim Irrlicht um einen verstorbenen Mann, der in seinem Grab keine Ruhe findet, weil er zu Lebzeiten als Landvermesser gepfuscht oder gar böswillig Grenzsteine versetzt hat, um zu betrügen. Zur Strafe fliegt er nun als Lyktgubbe an den besagten Grenzen entlang.
Ihn zu beobachten verwirrt die Sinne mitunter so sehr, dass man nicht mehr allein nach Hause findet. Dagegen hilft es, seine Kleidung von innen nach außen und wieder zurück zu wenden, denn dadurch werden die Sinne wieder normal. Verhält man sich ihm gegenüber angemessen respektvoll, ist er zumeist sehr hilfsbereit und leuchtet einem sogar den Weg nach Hause. Wenn man ihn jedoch ärgert, kann er sich böse revanchieren und lockt einen auch mal über eine Klippe oder in ein Sumpfgebiet.
Von seinem Fluch man kann ihn erlösen, indem man die falschen Grenzsteine wieder an die richtige Stelle setzt. Dann hat der Tote in seinem Grab endlich Ruhe und ist kein Lyktgubbe mehr …
Riese
Meistens, allerdings nicht immer, sind Riesen (schwedisch: jätte, Plural: jättar) unglaublich groß, kräftig und etwas grobschlächtig. Sie leben in Höhlen und Felsspalten, wo noch heute auffällige Formationen gefunden werden wie Schalen, Tische und Stühle.
Wegen ihrer enormen Kraft sind sie seit je her begehrte Arbeitskräfte. Das Gerücht, dass nicht alle Riesen besonders schlau sind, rührt vermutlich daher, dass einige von ihnen für ihre Arbeit einen unmöglichen Lohn begehren, zum Beispiel die Sonne oder den Mond.
Die Riesen haben Familie und sind manchmal sogar mit Menschen oder Trollen zusammen, besonders im Norden, wo sie nicht so groß sind. Lange Zeit lagen sie allerdings mit Menschen und Göttern im Streit, haben mit Steinen nach Kirchen geworfen und dabei gern ihre Strumpfbänder als Schleuder benutzt – trotzdem blieben die Kirchen unbeschädigt. Die noch heute um viele Kirchen herumliegenden Felsbrocken – angeschwemmt in der letzten Eiszeit – werden deshalb als „Jättekast“ (Riesenwurf) bezeichnet. Aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen mit der Kirche vertragen sie christliche Errungenschaften (Kirchenglocken, Gebete, Kreuze etc.) nach wie vor nicht und leben heutzutage in der Wildnis oder in den Bergen …
Hexe/Zauberer
Hexen und Zauberer (manchmal auch Hexer genannt) sind Frauen beziehungsweise Männer, die sich freiwillig der Magie verschrieben haben. Während die Zauberer oft als Helden verklärt werden, haben die Hexen traditionell einen schlechten Ruf. Es gab Zeiten, in denen jede ältere Frau, die ein bisschen anders war und sich mit Pflanzen und Kräutern auskannte, kurzerhand zur Hexe erklärt wurde. Gab es keinen Grund, wurde einer konstruiert: Man schob nahezu jedes Unglück der Boshaftigkeit einer Hexe zu, sei es, dass bei einem Gewitter ein Haus abbrannte oder ein Schiff im Meer versank. Natürlich war es in Wirklichkeit ein Blitz, der das Haus anzündete, beziehungsweise ein Unwetter, welches das Schiff sinken ließ. Aber davon wussten die Menschen noch nichts, oder sie wollten davon nichts wissen. Deswegen gab man die Schuld den Hexen.
Die Anwendung von Magie und Aktivitäten wie der legendäre Flug nach Blåkulla werden gern als Beweis dafür gesehen, wie gefährlich die Hexen sind. Um sicher zu sein, dass eine hingerichtete Hexe auch wirklich tot ist, wurde sie früher meist in einem Sumpfgebiet beerdigt. Zur Sicherheit hat man ihr noch einen Holzpflock durch ihren Körper gestoßen, wie man es bei Vampiren auch macht.
Zum Glück sind diese schlimmen Zeiten mittlerweile vorbei und Hexen und Zauberer heutzutage relativ sicher, denn die früher weit verbreitete Angst vor Magiern ist längst dem Zweifel gewichen, dass es sie überhaupt gibt …
Näck
Der Näck (auch Forskarl, Strömkarl, Strömgubbe) ist ein einsames und unglückliches Wesen, denn ihm fehlt eine menschliche Seele. Er findet keine Ruhe und keinen Frieden, ist verbittert und wohl deswegen von Grund auf böse. Er lebt in Bächen, kleinen Flüssen oder auch Seen und versteckt sich gern unter einer Seerose (Näckros). Es heißt, er säße nackt (daher sein Name) im Wasser auf einem Stein und sei stets darauf aus, durch sein wunderschönes Spiel auf einer Fidel, Geige oder Harfe Menschen anzulocken, um sie in sein Unterwasserreich zu entführen und dort gefangen zu halten oder gar zu ertränken. Er ist ein großer Verführer, und es sind besonders menschliche Frauen, die seinem Spiel nicht widerstehen können.
Tatsächlich ist er nur selten nackt. Er ist ein Meister der Verwandlung und zeigt sich in menschlicher Gestalt gern als elegant gekleideter Herr, oder er nimmt das Aussehen eines Tomte an. Er kann sich aber auch in Gegenstände wie eine Kiste, ein Schmuckstück oder eine Schale und in Tiere verwandeln, bevorzugt in eine Katze, einen Hund oder ein Pferd. Als solches treibt er dann als Bäckahäst sein Unwesen.
Wer sich traut, kann die Spielkunst von ihm erlernen. Dazu findet man sich an drei aufeinanderfolgenden Donnerstagabenden an einem Flüsschen ein. Die beiden ersten Male passiert nichts, doch beim dritten Mal erscheint der Näck. Aber auch während des Unterrichts versucht er, seine Opfer ins Wasser zu locken. Derjenige jedoch, der den Unterricht überlebt, kann hinterher traumhaft gut spielen…
Bäckahäst
Das Bäckahäst (übersetzt Bachpferd) ist ein Seelenverwandter des Näcken. Einige Quellen berichten, es sei der Näck selbst in Gestalt eines Pferdes. Es sieht aus wie ein stattlicher Hengst und schimmert manchmal weiß, ist oft aber Apfelgrau, schwarz oder bläulich. Kommt man näher, erkennt man, dass es in Wahrheit gar kein Pferd ist, sondern ein Raubtier mit zahlreichen nadelspitzen Reißzähnen.
Wie beim Näcken ist die Bestimmung eines Bäckahästs, Menschen in den Tod zu locken. Es hält sich zumeist an Bächen und Seen in der Nähe menschlicher Siedlungen auf und zeigt sich besonders gern Kindern. Die lockt es zu sich heran und lässt sie auf sich reiten – je mehr Kinder auf ihm reiten möchten, desto länger wird sein Rücken. Anschließend stürzt es sich mit ihnen auf dem Rücken ins Wasser …
Wie gegen so viele nordische Wesen hilft auch gegen das Bäckahäst ein Gegenstand aus Metall. Diesen wirft man zwischen Bäckahäst und Gewässer, so dass es seinen Weg nicht fortsetzen kann. Dadurch verliert es seinen bösen Willen.
Es gibt sogar die Möglichkeit, ein Bäckahäst zu zähmen. Dazu befestigt man eine Metall-Nadel in seiner Mähne, denn Metall besiegt das Übernatürliche. Gebändigt durch eine Nadel oder ein Gebiss, ist ein Bäckahäst ein gutes Arbeitspferd, aber nach der Arbeit wieder ohne Gebiss versucht es, auszubrechen und den Bauern mit sich ins Wasser zu reißen …
Teufel
Die böseste Gestalt nicht nur in der nordischen Mythologie ist der Teufel. Aber er ist nicht einfach nur böse, er ist das Böse. Er lockt seine Opfer nicht nur ins Verderben, sondern ergreift Besitz von ihnen und macht sie zu seinem Werkzeug. Ganz nach seinem Willen tun nun auch die Böses und infizieren mit ihrer niederträchtigen Gesinnung immer weitere labile Persönlichkeiten, denen die Kraft fehlt, sich gegen das Böse zu wehren, und machen sie zu Anhängern des Teufels. Besonders gefährdet sind solche Menschen, die entsprechende Charakterzüge mitbringen wie ein großes Verlangen nach Macht und Besitz, ein übersteigertes Geltungsbedürfnis oder auch ein übertriebener Ehrgeiz.
Auch der Teufel kann sich verwandeln und tritt nicht selten auf als Katze oder als großer schwarzer Hund. Aber selbst bei ihm reicht die magische Energie nicht aus, sich vollständig in einen Menschen zu verwandeln. Deswegen stellt man ihn sich zu Recht vor als männliche Gestalt mit Pferdehuf und Schwanz. Als solche gibt er sich gern sehr elegant und kleidet sich mit Frack und Zylinder, unter dem er seine Hörner verstecken kann.
Er wohnt tief unter der Erde in seinem Palast, wo er im Höllenfeuer auf diejenigen lauert, die im Läuterungsprozess versagen. Die behält er bei sich, verdreht ihnen in seinem Sinne den Kopf und schickt sie zurück auf die Erde, damit sie in seinem Namen weiterhin Böses tun …
Spiritus
Der Spiritus (auch Spertus) ist ein durch Magie erschaffenes Wesen, etwa drei Zentimeter groß und von einer Gestalt, die an eine Kreuzung zwischen Krabbe mit Tausendfüßler erinnerte. Es hat Flügel und das Gebiss eines Raubtiers und gehört zu den sogenannten Dragväsen (ich nenne sie auf Deutsch „Besorgewesen“), deren Aufgabe es ist, ihrem Schöpfer etwas zu beschaffen.
Eine Methode, ihn herzustellen, ist es, mit einem Tonkrug, an den ein Menschenknochen gebunden wird, drei Wochen hintereinander zum Angeln zu gehen, und zwar an einem Donnerstagabend, denn magische Geschehnisse ereignen sich fast immer an einem Donnerstag. An den ersten beiden Donnerstagabenden passiert nichts Besonderes, aber am dritten befindet sich wie von Geisterhand ein kleines Wesen in dem besagten Tonkrug: Der Spiritus. Die Mühe lohnt sich, denn ein Spiritus verschafft seinem Besitzer Glück und Reichtum.
Wer nicht selbst in der Lage ist, sich einen Spiritus zu erschaffen, ist darauf angewiesen, ihn von einem kundigen Magier zu erwerben. Aber Vorsicht: Der insgesamt dritte Besitzer wird ihn nicht mehr los. Das ist aber sehr wichtig, denn der letzte Besitzer verliert im Tod seine Seele an den Teufel. Der gesamte Reichtum, den ein Spiritus über das Leben hinweg seinem Besitzer vermittelt, ist nämlich lediglich vom Teufel geliehen …
Bjära
Ebenfalls zu den Dragväsen (Besorgewesen) gehört der Bjära, auch Mjölkhare (Milchhase) genannt. Milch war in früheren Zeiten ein lebensnotwendiges Grundnahrungsmittel, ohne sie gab es keine Butter, keine Sahne und keinen Käse. Gab die eigene Kuh nicht genug Milch, kreierten Magiekundige einen Bjära, dessen Aufgabe es war, sie auf den umliegenden Bauernhöfen zu stehlen. Mitunter ging es auch nur darum, den Nachbarn zu schädigen und ihn zur Aufgabe seines Hofs zu zwingen, um billig an sein Land zu kommen.
Herstellen kann man ihn aus verschiedenen magischen Zutaten. Man benötigt Friedhofserde, Asche von abgebranntem Holz, Metallspäne einer Kirchenglocke, Butter, einen lebenden Wurm, einen Tropfen Blut aus dem Kleinfinger, schwarze Katzenhaare und Wolle in mindestens neun verschiedene Farben. Das Ganze wird zu einem großen, klebrigen Knäuel gewickelt, über die linke Schulter nach hinten geworfen und mit einer magischen Formel aktiviert. Natürlich muss das donnerstags passieren, und am dritten Donnerstag kann man den Bjära endlich freilassen und mit dem Stehlen der Milch fremder Kühe beauftragen.
Sich eines fremden Bjäras erwehren kann man, indem man ihn mit einer Kugel aus Silber erschießt. Um herauszufinden, wer ihn erzeugt und auf Raubzug geschickt hat, muss man nach einer Ansammlung von Schleimpilzen suchen, den Exkremente eines Bjära. Im Schwedischen werden sie trollsmör (übersetzt in etwa Zauberbutter) genannt …
Gengångare
Auch der Gengångare ist ein gespenstiges Wesen, welches äußerlich einem Spöke ähnelt. Er vollendet den Weg in die ewige Ruhe nicht und pendelt als untotes Wesen zwischen Welt und Totenreich hin und her. Die meisten Untoten sehen aus wie im Augenblick ihres Ablebens. Es heißt, sie könnten sich in Tiere verwandeln, zumeist in eine Katze oder einen Vogel. Sind sie eines gewaltsamen Todes gestorben, kommt es vor, dass sie sich als Sensenmann an ihrem Mörder rächen.
Untote suchen oft Plätze auf, die zu Lebzeiten eine Bedeutung für sie hatten: Ihren Sterbeort, gegebenenfalls den Ort des Verbrechens, eine Kirche, einen Friedhof, oder eventuell auch ihre Hinrichtungsstätte. Auf diese Weise versuchen sie, endlich ihre Ruhe zu finden. Verbrecher und Selbstmörder wurden in früheren Zeiten nicht in geweihte Erde gelegt, sondern in Sümpfen und Mooren begraben. Dort geistern sie als Untote herum, sind meist alleine, treten aber auch in Gruppen auf.
Man trifft Untote aber auch in Kirchen oder auf Friedhöfen. An Weihnachten kommen sie aus ihren Gräbern zusammen, um ihre eigene Feier zu zelebrieren, und zwar am Abend des 24. Dezembers, weswegen man bei der eigentlichen Weihnachtsmesse (Julåtta) am frühen Morgen des 25. Dezembers erst die Kirchenbank abwischen sollte, bevor man sich hinsetzt – nicht dass man sich seine Kleidung mit Graberde beschmutzt …
Gast
Weil es im Deutschen das Wort Gast in ganz anderer Bedeutung ebenfalls gibt, verwende ich in meiner Geschichte anstelle des in Skandinavien eher üblichen Begriffs Gast die Bezeichnung Draug.
Ein Gast (Draug) ist ein von Grund auf gefährliches und böses Wesen. Schon zu Lebzeiten war er ein Bösewicht und muss nun für seine Untaten büßen. Er ist normalerweise unsichtbar und kann nur gesehen werden von Menschen, die ihrerseits bereits jemanden getötet haben. Nimmt man ihn wahr, ist es für eine Flucht bereits zu spät, denn er saugt alles in sich hinein, entzieht seinem Opfer die Lebensenergie, raubt ihm Atem und Körperwärme („gastkramad“ – Gast-umarmt). Dadurch verursacht er in seiner Umgebung eine Eiseskälte.
Vielleicht kann man ihn nicht sehen, als physisches Wesen aber hören. Er hat einen schlurfenden Schritt und seine Atmung klingt wie ein gequältes Stöhnen. Wer ihn erkennen kann, sieht ein großes, hageres Wesen, welches nur aus Haut und Knochen besteht. In Lumpen gekleidet bewegt er sich schwerfällig und wirkt immer bedrohlich.
Gastar (Plural von Gast) treiben sich meistens in Gruppen herum, und zwar nur nachts, denn sie vertragen kein Tageslicht. Beim ersten Sonnenstrahl werden sie im wahrsten Sinne des Wortes versteinert und müssen den ganzen Tag an Ort und Stelle verharren – weswegen sie auch als Dagstånnare (Tagsteher) bezeichnet werden …
Myling
Der Begriff Myling steht für ein ausgesprochen unglückliches Wesen: Ein Myling ist ein verstorbenes Kind, welches ungetauft und daher nicht in geweihter Erde begraben wurde.
In früheren Zeiten war das recht häufig der Fall. So galt zum Beispiel ein unehelich geborenes Kind als unehrenhaft mit der Folge, dass sich die Priester in aller Regel weigerten, einem solchen Kind die Taufe zu erteilen. Auch totgeborene Kinder blieben ungetauft und wurden von ihren Müttern oft heimlich irgendwo verscharrt, denn ungetauft durfte ein verstorbenes Kind nicht auf einem Friedhof beerdigt werden, also nicht in geweihter Erde. Deswegen, so glaubte man, kommen diese Kinder nach ihrem Tod nicht in den Himmel und müssen als Untote weiterleben – als Myling.
Immer wenn ein Mensch in die Nähe seiner Grabstätte kommt, bittet der Myling um einen Namen in der Hoffnung, dass sein unsägliches Leid dadurch ein Ende hat. Das herzzerreißende Flehen eines Mylings klingt wie der Ruf einer Eule – wer hat im Wald oder am Rande einer Wiese nicht schon mal einen solchen Ruf gehört …
Im 17. und 18. Jahrhundert nach hiesiger Zeitrechnung wurden die meisten Todesurteile gegen Frauen wegen Kindermord verhängt. Nicht ohne Hintergrund kommt das Wort myling, auch myrding oder mörding, vom altschwedischen Begriff myrða – ermordet …
Nattramn
Nattramnar (Plural zu Nattramn) sind große, rabenartige Vögel (ramn ist ein alter Begriff für das Wort korp, zu Deutsch Rabe, natt bedeutet Nacht). Sie sind untote Wesen, dazu verdammt, nach dem Ende ihres menschlichen Lebens rast- und ruhelos in Vogelgestalt umherziehen zu müssen.
Der Sage nach fliegen sie in großen Schwärmen immer von West nach Ost, sind ständig auf der Suche nach dem Grabe Christi und können keine Ruhe finden, bevor sie es gefunden haben. Doch der Weg ist weit, und sie können nur nachts fliegen, denn wie die Gastar vertragen sie kein Sonnenlicht und müssen sich tagsüber verstecken.
Nattramnar sind böse Wesen. fallen wahllos über ihre Opfer her, lassen an ihnen ihre Verbitterung über ihr elendes Schicksal aus und kratzen mit ihren Klauen und picken mit ihren Schnäbeln. Es heißt, dass ein Kyrkogrim (siehe dort) ab und zu die Seelen von Mördern und anderem Gesindel, die in der ungeweihten Erde im Norden der Kirche begraben sind, von seinem Friedhof jage. Die sammeln sich dann in großen Schwärmen und treiben als Nattramnar ihr Unwesen …
Kyrkogrim
Ein Grim ist ein künstlich entstandenes Wesen, welches als Schutzpatron ein Bauwerk bewachen soll. So auch der Kyrkogrim, auch Kyrkrå genannt, der für eine Kirche (Kyrka) und den dazugehörigen Friedhof zuständig ist.
Beim Bau der Kirche wird ein Tier – zumeist ein Hahn, eine Katze, ein Hund oder ein Ochse – lebendig eingemauert beziehungsweise in der Holzwand eingesperrt, in dessen Gestalt schließlich der Grim das Gebäude bewacht. Werden mehrere unterschiedliche Tiere geopfert, nimmt der Grim das Aussehen von Mischformen an, zum Beispiel ein Hundekopf auf einem Katzenkörper.
Der Kyrkogrim ist das einzige nordische Wesen, welches kirchliche Symbole und Rituale vertragen kann. Im Gegensatz zu allen anderen Wesen mag er den Klang einer Kirchenglocke, die Töne der Orgel und die Gebete eines Priesters und verteidigt seine Kirche gegen mutwillige Zerstörung durch Menschen oder auch andere Wesen.
Auch auf den (in Schweden) zumeist um die Kirche herum angelegten Friedhof hat er ein wachsames Auge, besonders auf den Teil nördlich der Kirche, denn dort sind traditionell Verbrecher und sonstiges Gesindel beerdigt. Vor ihm haben selbst die Bösewichte Respekt, denn ein verärgerter Grim ist eine gefährliche Bestie, die sich problemlos gegen einen Menschen durchzusetzen vermag und sehr darauf achtet, dass in seinem Zuständigkeitsbereich alles seine Ordnung hat …
Mara
In gewissen Eigenschaften einer Hexe sehr ähnlich ist die Mara. In der Regel eine ältere Dame, trägt auch sie gern bunte Kleider und reitet auf einem Besen, einer Harke oder einem anderen Gegenstand durch die Lüfte. Aber anders als eine Hexe ist diese Frau unfreiwillig eine Mara, der Sage nach dazu verdammt, weil ihre Mutter sich die Geburtswehen erleichtert hat, indem sie sich vor der Geburt drei Mal die Fruchtblase eines Fohlens über den Kopf gezogen hat. Bei einem männlichen Nachfahren führt das gleiche Vergehen dazu, dass er als Werwolf sein Dasein fristen muss (siehe dort).
Als Mara plagt die Frau Mensch und Tier, dringt in Gestalt zum Beispiel einer Katze oder einer Krähe nachts in Häuser ein, setzt sich auf den Brustkorb eines schlafenden Menschen und löst bei ihm Atemnot aus. Um zu verhindern, dass sie eindringen kann, platziert man auf der Fensterbank eine Bibel, oder man streut Leinsamen auf den Boden, damit sie nicht landen kann. Zudem ist sie zwanghaft veranlagt, muss erst einmal die Körner zählen und vergisst darüber, was sie eigentlich vorhatte.
Häufig überfällt sie auch die Pferde. Ein Zeichen dafür ist es, wenn die am Morgen müde und kaltschweißig im Stall stehen. Ein toter Vogel oder ein sechseckiges Marakreuz, gemalt an die Wand des Stalls, kann helfen, sie fernzuhalten. Das Beste allerdings ist es, der Frau auf den Kopf zuzusagen, dass sie eine Mara ist, denn das bricht ihren Bann und sie ist wieder ein freier Mensch …
Werwolf
Wie die Mara ist auch der Werwolf eine verwunschene Gestalt, letztendlich dafür bestraft, dass sich seine Mutter die Geburtswehen erleichtert hat (siehe Beschreibung Mara). In manchen Landstrichen heißt es auch, dass ein Mann durch den Fluch eines Magiekundigen als Strafe für eine Untat zum Werwolf wird und als solcher 7 Jahre lang sein Unwesen treiben muss.
Der Fluch bewirkt, dass sich der betroffene Mann in den Nächten von kirchlichen Feiertagen (vor allem in der Weihnachtszeit) oder auch Donnerstagen – in der nordischen Mythologie sind es besonders die Donnerstage, an denen sich magische Geschehnisse ereignen – in ein wolfartiges Monster verwandelt und bei Dunkelheit sein Unwesen treibt (Anmerkung: Hierzulande sieht man einen Zusammenhang mit dem Vollmond). Nach dem Raubzug ist er wieder der gleiche Mensch wie zuvor.
Es heißt, manche Trollkundige (Formulierung für Kenner der Magie) verwandeln sich freiwillig in einen Werwolf, um an einem Widersacher unerkannt blutige Rache nehmen zu können.
Auflösen kann man die Verwandlung dadurch, dass man den Werwolf mit einer Silberkugel erschießt oder, wenn man den Verwandelten kennt, ihn bei seinem Namen nennt …
Spöke
Den Begriff Spöke kann man ins Deutsche mit Gespenst übersetzen. In dieser Bedeutung bezeichnet er ein geisthaftes Wesen, welches in einem weißen Gewand über den Boden schwebt und mit seinen leeren Augenhöhlen und seinem gruseligen Stöhnen für Angst und Schrecken sorgt. Letztendlich sind Gespenster die untoten Geister Verstorbener, die keine Ruhe finden und in der beschriebenen Gestalt ihr Unwesen treiben müssen. Oft sind es ehemalige Ritter oder Krieger, weswegen auch Gespenster zu beobachten sind, deren Kopf halb abgeschlagen herunterhängt, oder auch solche, die ihn unter dem Arm tragen.
Wenngleich er furchteinflößend wirkt, ist ein Spöke ungefährlich. Weder kann er zaubern, noch hat er die Fähigkeit, zu kämpfen und Mensch und Tier ernsthaft zu gefährden oder gar zu verletzen, denn er ist lediglich eine imaginäre Lichterscheinung.
In manchen Quellen wird der Begriff Spöke als Sammelbegriff für verschiedene Sorten von Gespenstern verwendet. Dort werden auch Gengångare und Gast den Gespenstern zugerechnet …
Drache
Drachen sind zumeist riesige Monster mit sehr unterschiedlichem Aussehen. Manche sind durch dicke Hornplatten gepanzert, andere tragen lediglich ein paar Dornen auf dem Rücken. Sie haben ein großes, krokodilartiges Maul mit zahllosen spitzen Zähnen, mit denen sie ihre Opfer zerreißen. Ihre brennende Zunge und der Feuerstoß aus ihren Nüstern sind ein ums andere Mal ein beeindruckendes Spektakel. Fast alle Drachen können fliegen. Dazu haben sie große, kräftige, zumeist lederartige Schwingen, die es diesen schweren Wesen ermöglichen, sich flott und elegant durch die Luft zu bewegen.
Gern tragen sie riesige Schätze zusammen und verstecken sie in einer Höhle. Einmal im Jahr holen sie ihre Reichtümer hinaus ins Freie und erfreuen sich daran, wie Gold und Silber im Sonnenlicht funkeln. Um ihn zu tarnen, legen sie einen Zauber über den Schatz, so dass er aussieht wie welkes Laub. Es heißt, nur Kinder, die an einem Donnerstag oder an einem Sonntag geboren wurden, hätten das Vermögen, den Schatz zu erkennen.
Im Mittelalter glaubte man, ein Drache könnte mit seinem Blick hypnotisieren und Gedankenlesen. Diese Fähigkeiten seien in einem magischen Stein konzentriert, dem sogenannten „drakontia“, der sich in seinem Kopf befindet. Bei den Alchemisten war der sehr begehrt, da er als unverzichtbare Ingredienz eines Lebenselixiers galt, welches alle Krankheiten vertreiben und ewiges Leben spenden könne …
Gloson
Gloson (auch Gyllenborste, Torre-Suggan) sind aggressive Ungeheuer in Gestalt eines riesengroßen Wildschweins mit großen Eckzähnen, rotglühenden Augen und rasierklingenscharfen Dornen auf dem Rücken. Man glaubt, sie leben auf Friedhöfen oder in Steinhäufen am Rande von Äckern und Weiden.
Sie sind zumeist in größeren Gruppen unterwegs, fallen recht wahllos über ihre Opfer her und zertrampeln mit ihren schweren Hufen alles, was ihnen im Wege ist.
Gloson sind ausnahmslos weiblich und paaren sich am liebsten mit dem größten und kräftigsten Keiler einer normalen Wildschweinrotte. Die männlichen Nachfahren werden dann wieder Chef einer eigenen Wildschweinherde, die Weibchen sind Gloson …
Basilisk
Je nach Überlieferung hat ein Basilisk unterschiedliches Aussehen. Mal ist er ein Hahn mit einem schlangenartigen Hinterkörper, mal ein eidechsenähnliches Wesen oder eine Schlange mit einer Krone auf dem Kopf. Der Sage nach schlüpft er aus einem Hahnenei, welches von einer Kröte ausgebrütet wurde.
In allen Formen ist er äußerst gefährlich. Allein sein Blick kann versteinern – ebenso sein Anblick, allerdings nicht, wenn man ihn durch einen Spiegel betrachtet. Sieht er sich im Spiegel selbst, versteinert ihn sein eigener Blick …
Anmerkung: Als Hahnenei bezeichnet man ein sehr kleines Hühnerei eines jungen Huhns zu Beginn oder am Ende der Legeperiode.
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